7 Dinge die bei und nach der Geburt passieren und über die niemand redet
Wenn wir über Geburt sprechen, gehen Dir wahrscheinlich direkt tausend Bilder im Kopf umher. Dinge und Bilder die Du mal gehört hast oder Reportagen die Du je im Fernseher gesehen hast. Von Grey’s Anatomy bis Bettys Diagnose … . Es ist schließlich das Unbekannte, das Dir ein flaues Gefühl im Magen verursacht. Plötzlich entsteht aus Neugierde panische Angst.
Kennst Du die Geschichte die Freunde, Familienmitglieder oder Bekannte aus dem All-Inklusive-Urlaub erzählen? „Also das Wasser im Meer war halt schon kalt“. „Und das Essen sag ich Dir, also da sind die Nudeln beim Italiener um die Ecke noch besser“. „Das Bett – Du das war so hart – ich stand kurz vor einem Bandscheibenvorfall“. „Die Sonne war so intensiv, ich habe mir dann auch noch den Nacken verbrannt“. Übertriebene Beispiele (von Menschen die auf den Malediven im Fünf-Sterne Plus Resort unterwegs waren) – denn jeder nimmt Dinge anders wahr. Jeder hat ein anderes Bedürfnis an Mitteilung. So eben auch wenn es um die Geburt und das darin erlebte geht.
Als Hebamme durfte ich viele, tausende Geburten bereits miterleben und deswegen hier die wichtigste Botschaft von allen: Zerbrich Dir nicht den Kopf, es kommt sowieso alles anders.
Wahrheit Nummer 1 – Du hängst ständig am CTG: Das CTG kennst Du sicherlich von meinen Blog aber auch von Deinem Frauenarzt. Die rechtlichen Grundlagen im Kreißsaal haben sich dahingehend so verändert, dass Du selten ohne das technische Gerät sein wirst. Du kannst davon ausgehen, dass spätestens alle 2 Stunden eine CTG-Kontrolle geschrieben wird und in der heißen Phase hängst Du dauerhaft am Kabel. Außer, Du sitzt in der Wanne – da gibt’s dann die Telemetrie – ein kabelloses CTG. Gewöhne Dich schonmal an den rhythmischen Pferdegalopp, er wird Dich vom Betreten des Kreißsaales bis zur Geburt begleiten. Das CTG lässt Deiner Hebamme einen Eindruck wie es Deinem Kind geht, daher ist es schon sinnvoll. Allerdings ist meine persönliche Meinung, dass Du es nur am Schluss brauchst, oder wenn Du Auffälligkeiten hast. Ich mache aber nicht die Gesetze und ich starte hier auch keine Grundsatzdiskussion über Dinge die sich nicht ändern lassen. Bei Hausgeburten und im Geburtshaus wird auf das CTG alle 2 Stunden verzichtet. Wenn Du Dich bewegen möchtest (ja – Du möchtest Dich bewegen) dann Bitte um eine Telemetrie, damit Du eben nicht am Kabel hängst.
Wahrheit Nummer 2 – Die Fruchtblase platzt nicht im Supermarkt um 18:30 an der Kasse
Du kennst die Filme, ich brauche diesen Punkt nicht ausführlich erläutern. Verabschiede Dich von der Illusion Deine Fruchtblase könnte zu einem unpassenden Zeitpunkt in aller Öffentlich platzen, die Wehen setzen unverzüglich ein und Du wirst noch auf dem Weg ins Krankenhaus Dein Kind im Auto gebären müssen. In den meisten Fällen platzt die Fruchtblase nicht einfach so. Manchmal hilft die Hebamme im Kreißsaal sogar nach, oder die Fruchtblase öffnet sich, wenn Du bereits mit Wehen im Kreißsaal bist. Weißt Du, ich trage seit 12 Jahren eine Nabelklemme in meiner Handtasche, sowie sterile Handschuhe, weil ich mich seit 12 Jahren auf eine Geburt im Supermarkt freue …. Sie ist bis heute noch nicht gekommen. Falls Du die erste sein möchtest, gib mir unbedingt ein Zeichen.
Es kann durchaus sein, dass Du schwallartig Dein Fruchtwasser verlierst, aber glaub mir, das ist selten. Im Kreißsaal haben wir täglich mindestens eine Frau die kommt und sich fragt ob sie vielleicht Fruchtwasser verliert, wenn Du den Verdacht hast, darfst Du natürlich jeder Zeit kommen.
Wahrheit Nummer 3 – Der Dammschnitt tut nicht weh
Der Dammschnitt ist DAS THEMA im Geburtsvorbereitungskurs, die Horrorvorstellung einer jeden Schwangeren. Es gibt leider Situationen, da ist der hässliche Schnitt einfach nicht zu vermeiden. Möglichweise bekommst Du davon aber überhaupt nichts mit. Warum ist das so? Weil das Gewebe bzw. die Nervenbahnen des Gewebes zum Schnittzeitpunkt oder wenn das kindliche Köpfchen geboren wird, nicht mehr richtig durchblutet und somit gefühllos ist; Mutter Natur ist ja auch nicht ganz doof. (Bitte mach unbedingt die Damm-Massage auch wenn Du sie hasst.) Wenn die Hebamme oder die Geburtshelfer die Entscheidung treffen, hier muss jetzt ein Dammschnitt her, dann ist die Geburt in der akuten Austreibungsphase. Das heißt, Du bist gerade ganz woanders und nicht mit Deiner Konzentration am Damm. Ein Schnitt passiert einfach so, ohne große Absprache. Jetzt mögen viele Aufschreien und rufen „Hey Körperverletzung“ aber in dieser Situation muss es schnell gehen, wenn ich dann sage: „Frau Müller, ich schneide jetzt in ihr Fleisch, ist das okay?“ was glaubst Du was Frau Müller dann macht? Jetzt kommt aber die wirklich wichtige Botschaft – Dammschnitte sind heutzutage absolut unüblich. Auf die letzten 100 Geburten die ich gemacht habe, kommen vielleicht zwei Dammschnitte. Du kannst Dein Gewebe gut vorbereiten. Mach unbedingt die Massage und lies mal über Heublumen Sitzbäder. Ich bin ja wirklich keine Wald und Wiesen Hebamme, aber es gibt Dinge auf die Schwöre ich, letzteres wäre sowas!
Wahrheit Nummer 4 – Dir wird erstmal keiner zur Geburt gratulieren
Falls Du jetzt darauf wartest das Dir alle Beteiligten Personen um den Hals fallen und Dich wie eine Königin feiern – vergiss es. Solange Deine Nachgeburt noch nicht da ist, gibt’s kein Happy End. Erst mit Geburt der Plazenta, ist die Geburt beendet. Dann fallen Dir alle um den Hals und behandeln Dich wie eine Königin. Warum? Weil die Geburt für mich als Hebamme noch nicht beendet ist. Die Nachgeburt kann bis zu 45 Minuten auf sich warten lassen. Die Plazenta wird gründlichst untersucht, denn sie muss vollständig geboren werden, damit Deine Rückbildung auch funktioniert und Du nicht noch fünf Tage nach der Geburt mit Blutungen beim Frauenarzt stehst.
Wahrheit Nummer 5 – Stillen ist wundervoll und tut am Anfang manchmal weh
Deine Nippel sind vermutlich nach dem ersten Anlegen etwas beleidigt und Dein hektisches, suchendes Kind, brüllt den Busen an als wäre er der König der Löwen. Dein süßer kleiner Löwe saugt hektisch ein paar Tropfen gelbliches Sekret aus dem Busen und das wars. Anstelle der schön beschriebenen cremigen Latte to Go, hockst Du heulend im Bett während die Krankenschwester Dir sagt – Dein Baby hat ja offenbar Hunger! Gib Dir bitte Zeit. Den meisten Babys ist nach Geburt nämlich kotzübel. Die wollen gar nicht so oft an den Busen wie es viele Krankenhäuer erzwingen wollen. Meistens dauert es ca. 6 Wochen bis die Zeit der Heilung, des Kennenlernens und des Verständnisses eintritt. Gib Dir und Deinem kleinen Mäusezahn die Zeit. Dein Baby muss es lernen und Du musst die Hungerzeichen Deines Kindes verstehen – sowas dauert einfach.
Wahrheit Nummer 6 – Du verbrauchst mehr Binden wie Dein Baby Windeln
Durch die Ablösung der Plazenta an ihrer Haftungsstelle in der Gebärmutter ist eine Wunde entstanden. Diese wunde blutet und braucht Zeit zu verheilen (so wie alle Wunden am Körper). Dieses Blut nennt man Wochenfluss. Die ersten Tage nach der Geburt kann das ziemlich viel Blut sein und reguläre Binden reichen manchmal nicht aus (endlich kommen diese Bananschiffchen in der Drogerieabteilung zum Einsatz). Mit der Zeit verändert sich die Farbe des Blut von hellrot zu dunkelrot und dann zu einem bräunlichen Ausfluss der dann in ein gelbliches Sekret übergeht und dann verschwindet – bis – Hurra die erste Periode wiederkommt! Mit der Zeit wird die Blutung aber immer Schwächer und Du kommst auch mit einer Slipeinlage aus. Wie lange das dauert? Das fragen mich die Frauen jeden Tag. Es gibt keine wirkliche Antwort, aber circa 6-8Wochen. Wenn Du stillst, kann es auch 10 Wochen anhalten. Der Wochenfluss ist ganz wichtig für Deine Rückbildung. Wenn Du Dich zu viel bewegt hast, kann es aus einer bräunlichen Blutung auch wieder eine hellrote entstehen.
Wahrheit Nummer 7 – Baby’s zarte, rosige, weiche Haut ist eher eine Mondlandschaft
Viele Kinder sehen nach der Geburt aus wie Pickeldie und Frederick. Leider überhaupt nicht so wie die Babys aus der Werbung. Verschrumpelt als hätten sie 9 Monate im Fruchtwasser gehockt und eine Pfirsichhaut findest Du vielleicht nur am süßen Popo. Auch Dein Baby muss übrigens durch den Geburtskanal und da kann man schonmal etwas verschoben aussehen, wenn man das Licht der Welt erblickt. Aber keine Sorge, Dein Kind wird das schönste von allen sein. Auch die von allen behauptete, intensiven Liebe kann sich erst ein paar Tage später einstellen. Also Genieße doch den Moment wie diese kleinen süßen Händchen nach Dir greifen. Deinen Finger fest umschließen. Wie es mit dem verknautschten Gesicht Deinen Blick sucht. In ein paar Tagen wird es dann nämlich auch seine Pfirsich Haut haben und die Pickelchen verschwinden wieder. Auch Beulen (Geburtsgeschwulst) verschwinden in der Regel schon ein paar Stunden nach der Geburt wieder.